Laut einer aktuellen Coface-Umfrage von über 800 Unternehmen in Deutschland sind Zahlungsverzögerungen deutlich zurückgegangen. Lediglich 59 Prozent der befragten Unternehmen berichteten von Zahlungsverzögerungen in den vergangenen zwölf Monaten. Das ist ein Rückgang von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Fast drei Viertel (74 Prozent) der befragten Unternehmen haben ihren Kunden ein Zahlungsziel eingeräumt, im Vorjahr waren es lediglich 62 Prozent. „Deutsche Firmen haben sich offenbar an das Pandemieumfeld gewöhnt, dennoch bleiben sie wachsam und sind nach wie vor bestrebt, so früh wie möglich zur Kasse zu bitten“, erklärt Coface Ökonomin Christiane von Berg die weiterhin kurzen Zahlungsfirsten. 88 Prozent der Unternehmen fordern ihr Geld im Jahr 2021 innerhalb von 60 Tagen ein. Die durchschnittliche Lieferantenkredit-Laufzeit hat sich von 34 Tagen im Jahr 2020 auf 33 Tage im Jahr 2021geringfügig verändert.
Mit Ausnahme der Transport- und der Metallbranche ging die Zahl der Zahlungsverzögerungen in allen Sektoren zurück. Während weniger als die Hälfte der Firmen im Agrar-, Lebensmittel- und Holzsektor (49 Prozent) verspätete Zahlungen meldeten, waren es im Textil- und Kleidungssektor 70 Prozent. Darüber hinaus verkürzte sich die Dauer von Zahlungsverzögerungen im Schnitt von 36 Tagen im Jahr 2020 auf knapp 28 Tage im Jahr 2021. Über dreieinhalb Wochen kürzer fielen die Verzögerungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (17,5 Tage) aus. „Bemerkenswert ist, dass kein Unternehmen in diesem Sektor von Zahlungen, die länger als 60 Tage sind, berichtet. Dies könnte an der hohen Liquidität im Markt liegen“, sagt Christiane von Berg. „In Einzelfällen bitten Kunden sogar noch vor Rechnungsstellung darum, zahlen zu können, um negativen Bankzinsen zu entgehen.“
Starke Branchenunterschiede bei Zahlungsfristen
Während sich die durchschnittliche Zahlungsfrist nur geringfügig verändert hat, gibt es 2021 signifikante Veränderungen innerhalb der elf untersuchten Branchen. „Grund hierfür könnten vor allem die gestiegenen Rohstoffpreise und damit die hohen Materialkosten sein, die Druck auf Unternehmen erzeugen. Sie möchten diese Vorleistungskosten offenbar möglichst schnell wieder einholen“, sagt Christiane von Berg.
So wurden die Zahlungsfristen im Baugewerbe im Vergleich zum Vorjahr um zehn Tage verlängert. Dennoch gewährt die Baubranche mit 24,4 Tagen nach wie vor die kürzesten Zahlungsziele. Die großzügigste deutsche Branche ist dagegen der Textil- und Bekleidungssektor mit durchschnittlich 47 Tagen und ebenfalls einer Erhöhung der Zahlungsfristen um zehn Tage. Früher zur Kasse gebeten werden 2021 dagegen die Kunden im Maschinenbau (-8,2 Tage), im Agrar-, Lebensmittel- und Holzsektor (-7,3 Tage) sowie in der Automobilindustrie (-6,3 Tage).
Welchen Einfluss haben staatliche Hilfen?
Wie bereits 2020 gaben 48 Prozent der befragten Unternehmen an, in den vergangenen zwölf Monaten als Reaktion auf die Corona-Krise staatliche Unterstützung in Anspruch genommen zu haben. Auch der Anteil der genutzten Unterstützungsmaßnahmen bleibt nahezu unverändert: In 89 Prozent der Fälle wurde Kurzarbeitergeld beantragt, an zweiter Stelle (21 Prozent) stehen Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der wichtigsten Förderbank der Bundesrepublik Deutschlands. Zuschüsse vom Bund wie Überbrückungs- oder Neustarthilfen wurden von 17 Prozent genutzt. „Die letzten Hilfsprogramme laufen Stand heute zum Jahresende aus. Es wird interessant sein zu sehen, ob das äußerst positive Zahlungsverhalten in Deutschland das Ergebnis einer starken wirtschaftlichen Erholung oder erheblicher öffentlicher Finanzhilfen und einer höheren Verschuldung ist“, sagt von Berg.
Über die Umfrage
Die aktuelle Ausgabe der Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen von Unternehmen in Deutschland wurde im Juli und August 2021 durchgeführt, 819 Unternehmen aus mehr als elf breit gefächerten Sektoren nahmen an der Befragung teil.