Coface: Drei Jahre für die Erholung der Wirtschaft in Europa

2021 bringt Wachstum, aber mehr Insolvenzen – Österreich ist stabil

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Eurozone und in den USA wird Ende 2021 um 3,5 bzw. 2 Prozentpunkte unter dem Niveau von 2019 bleiben. Somit wären mindestens drei Jahre erforderlich, um das Produktionsniveau von vor der Krise zu erreichen. Das prognostiziert der Kreditversicherer Coface im Zuge der aktuellen Länder- und Branchenbewertung. Insgesamt rechnen die Coface-Experten mit einer globalen Wachstumsrate von -4,8 Prozent im Jahr 2020, gefolgt von einer Erholung um 4,4 Prozent im nächsten Jahr. Ähnlich verhält es sich mit dem Welthandel: Der für nächstes Jahr erwartete Aufschwung von +3,5 Prozent im vierten Quartal 2021, im Vergleich zum vierten Quartal 2020, wird den für dieses Jahr erwarteten Rückgang von -13 Prozent, bei weitem nicht ausgleichen können.

„Der Wachstumstrend ist nicht einheitlich“, erklärt Declan Daly, CEO für Zentral- und Osteuropa bei Coface. „Das anhaltend niedrigere Niveau der Wirtschaftsaktivität im Vergleich zum Vorkrisenniveau dürfte Auswirkungen auf die Beschäftigung und Unternehmensinsolvenzen haben“, erwartet Daly. Bei den Insolvenzen hatte Coface bereits im Frühjahr eine Prognose abgegeben, die einen erheblichen Anstieg erwartet. Die Fortschreibung ergibt weiter ein besorgniserregendes Bild. Weltweit wird über die Jahre 2020 und 2021 im Vergleich zu 2019 ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 32 Prozent erwartet, für Europa um 22 Prozent und die Länder der Asien-Pazifik Region um 29 Prozent.

Österreichs Wirtschaft ist weiterhin stabil. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Länder- und Branchenbewertung des internationalen Kreditversicherers Coface. Österreich bleibt im aktuellen Bericht auf seiner A2-Bewertung. Neben Österreich haben lediglich die skandinavischen Länder, Dänemark, die Niederlande, Luxemburg, die Schweiz und Malta sowie Japan und Neuseeland eine A2 Bewertung. „Wir gehen derzeit davon aus, dass Österreichs BIP um 6,3 Prozent in diesem Jahr abnimmt und 2021 um 4,9 Prozent ansteigt“, erläutert Declan Daly die Studie. Österreichs Nachbarland Deutschland wurde bereits in der vorangegangenen Periode im Juli auf A3 herabgestuft. Weltweit gab es diesmal keine Upgrades und fünf Downgrades.

„Die in Österreich am stärksten betroffenen Branchen sind die Metallbranche, der Einzelhandel, die Textil- und Bekleidungsbranche sowie der Transport-Sektor. Diese werden nur noch von der Automobilbranche getoppt, die mit einem „sehr hohen Risiko“ bewertet wurde“, erläutert der Coface-Manager. Die Pandemie hat generell den Absatz in der Autoindustrie stark getroffen, was auch die kostenstrukturellen Probleme vieler Zulieferunternehmen verschärft. Dies ist gleichzeitig eine österreichische und eine globale Herausforderung. Die weltweite Corona-Pandemie hat auch die österreichische Produktion massiv getroffen. Als hauptverantwortlich für den Umsatzeinbruch im produzierenden Bereich waren der Maschinen- und Fahrzeugbau, die Metallbranche und der Energiesektor. Nach dem tiefen Einbruch der Einzelhandelsumsätze im April ist nun eine leichte Erholung zu verzeichnen. Für den Handel bleibt es fraglich, ob die neuen Online-Kunden zu ihrem früheren stationären Konsumverhalten zurückkehren. Im Transportbereich ist die Luftfahrt besonders stark betroffen. Der Umsatz dürfte im Basisszenario um 51 Prozent und bis Ende 2020 um 57 Prozent zurückgehen. Der „Schlüssel für eine positive Entwicklung“ könnte nach Ansicht von Coface-Experten in Innovationen liegen. „Auf lange Sicht werden Nachhaltigkeit und Umweltschutz die bestimmenden Herausforderungen für den Verkehrssektor und hier insbesondere für die Luftfahrt bleiben“, so Daly. „Es wird Innovationen brauchen, die einen weniger umweltbelastenden Verkehr ermöglichen.“

Corona verschärft politische Risiken

Das Risiko für Unruhen in Ländern, die von Corona stark betroffen sind, kann sich um das Zehnfache erhöhen. Diesen alarmierenden Schluss zieht der Kreditversicherer Coface aus seiner Analyse der weltweiten politischen Risiken. Der Zusammenhang mit der Pandemie ist für die Coface-Analysten signifikant. „Die politischen Risiken insgesamt dürften durch die COVID-19-Pandemie noch deutlich verschärft werden“, betont Daly. „Neben einer möglichen Zunahme der Bürgerunruhen könnten Missstände im Zusammenhang mit COVID-19 soziale Bewegungen aus der Zeit vor Corona wiederaufleben lassen und verstärken, wie die in Hongkong, Frankreich und Chile.” Der Iran und die Türkei gehören zu den Ländern, in denen das politische Risiko am stärksten zugenommen hat.

Konflikte, soziale Instabilität und Populismus sind, mit verschiedenen Variablen, die Indikatoren, mit denen Coface politische Risiken misst und in einem „Political Risk Index“ erfasst. In diesem Jahr haben die Coface-Experten einen Index hinzugefügt, der die Meinung der Öffentlichkeit über den Umgang der jeweiligen Behörden mit der Gesundheitskrise misst. Der jetzt aktualisierte Political Risk Index beschreibt eine gegenläufige Bewegung. Die Abnahme des Konfliktrisikos auf globaler Ebene wird durch die Zunahme des Risikos politischer und sozialer Fragilität ausgeglichen.

In den Industrieländern ist der Grad der Unzufriedenheit mit der Bewältigung der Gesundheitskrise in Spanien, den USA, Großbritannien und Frankreich am größten. In Spanien und den Vereinigten Staaten zeigten sich weniger als 40 Prozent der Bevölkerung zufrieden. Hier ist der Indikator für politische Risiken zudem am höchsten. „Die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus sind eine neue Quelle von Spannungen und werden nicht nur Länder mit sozialen Umwälzungen vor der Krise betreffen“, meint Daly. Spannungen würden vielmehr auch durch die Auswirkungen der Rezession auf Beschäftigung, Haushaltseinkommen und Ungleichheit entstehen. Darüber hinaus könnten potenzielle Sparmaßnahmen, die auf die Rekord-Konjunkturpakete zur Eindämmung der Krise folgen dürften, politische und staatliche Risiken vermischen, insbesondere in Schwellenländern.

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Autor

Carina Reile

Head of Marketing & Communications
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